Es bleibt dabei - das wichtigste im Leben ist das Leben. Wirtschaft soll uns lediglich helfen, das Leben einfacher zu meistern. Wir sind nicht auf die Welt gekommen um Geld zu vermehren, sondern um zu leben. Dabei kann es natürlich sehr hilfreich sein, die verschiedenen Bereiche gut zu organisieren. Essen, Wohnen usw. - wir fühlen uns zuständig für Schuhe und Betten, für Möbel und Taschen. Wie sich der ganze Zauber entwickelt hat, findest du in der hier startenden Geschichte.
Heini Staudinger beendet sein Medizinstudium, fährt Autostopp nach Dänemark und bestellt Earth Shoes um 300.000 Schilling, obwohl er kein Geld hat. Da ruft er viele Freunde an, die ihm in lauter kleinen Portionen das nötige Geld borgen. Kurz darauf eröffnet er kein Bankkonto, dafür aber den ersten GEA-Laden in der Lange Gasse im 8. Wiener Gemeindebezirk. Der Laden geht vom Fleck weg ganz gut. Nach einem knappen Jahr begreift auch Heini den Komfort eines Bankkontos.
Ein gewisser Mr. Hulkower kommt aus New York daher und behauptet, er hätte die weltweiten Markennutzungsrechte auf den Namen Earth Shoes erworben. Wir müssten ihm ab sofort für den Verkauf der Earth Shoes Lizenzgebühren zahlen. Da dachten wir uns: »Earth« ist für deutsche Zunge gar nicht so leicht auszusprechen. Da viele Marken Namen griechischer Götter tragen, findet Heini im Griechisch-Lexikon die GEA, die Göttin der Erde, Mutter Erde (die GEA steckt auch in den deutschen Wörtern Geographie oder Geologie). Damit war Schluss mit der Marke Earth Shoes, seither ziert der Name GEA unsere Läden.
Dort und da tauchen die so genannten Balans-Stühle auf. Diese Stühle begünstigen die aufrechte Haltung der Wirbelsäule, so ähnlich wie der Minusabsatz der Earth Shoes. Für den Möbelhandel waren diese Stühle ein Fremdkörper. Während bei uns die aufrechte Körperhaltung ein Hauptthema war. Für den Möbelhandel war es eine Riesenüberraschung, dass wir, die kleinen Schuhhändler, tausende von diesen Stühlen verkaufen konnten.
Wir sagten: Weil so viele Schuhfabriken zusperren ist es Zeit eine zu gründen. Hätten wir gefragt, warum so viele Schuhfabriken zusperren, hätten wir nie gründen dürfen.
Die Waldviertler Schuhwerkstatt wird im Orwell-Jahr unter Sozialminister Dallinger als selbstverwalteter Betrieb gegründet. Von allem Anfang an sind die GEA-Geschäfte und die GEA-Partnergeschäfte ihr wichtigster Kunde. Ihr erstes und wichtigstes Ziel ist es, Arbeitsplätze in der Krisenregion Waldviertel zu schaffen.
Der Verkaufserfolg mit den Balans-Stühlen machte einen Wiener Architekten auf uns aufmerksam. Als wir mit diesen Balans-Stühlen auf der Wiener Möbelmesse auftraten, bat er uns einen Messestand mit seinen Futon (das sind Matratzen nach japanischem Vorbild) zu betreuen. Wir landeten einen sensationellen Verkaufserfolg. Als sich dann herausstellte, dass seine Lieferanten nicht die erwünschte Qualität liefern konnten, starteten wir Hals über Kopf eine eigene Produktion, die GEA Möbelwerkstatt. Seit nunmehr mehr als 30 Jahren gibt es in unseren GEA-Läden hochwertige Futon und Naturmatratzen. Nach und nach kamen Betten und Möbel dazu.
Die Belegschaft empfindet die wachsenden Verluste zunehmend als Bedrohung.. Als Eigentümer der Firma haben die ArbeiterInnen Angst, dass sie eines Tages mit ihren bescheidenen Löhnen für die Verluste und Schulden der Waldviertler Schuhwerkstatt geradestehen müssen. So kommt Heini Staudinger als Eigentümer ins Boot und die GEA-Handelsfirma mit ihren Läden wird zur Schicksalsgefährtin der Waldviertler Schuhwerkstatt.
Gerhard Benkö, der alte Geschäftsführer der Schuhwerkstatt, wollte nicht mehr. Da kein Geld für einen "Schuhkönner" da war übernahm Heini Staudinger die Arbeit als Geschäftsführer. Da in der Firma kein Geld war durfte seine Wohnung nichts kosten. Es gab ja leere Werkshallen. Voilà:
Es war immer so - während die Waldviertler konsequent um's Überleben kämpften, passierten bei GEA einige schwerwiegende Fehler. Fazit: Das Geld war weg. Nachdem vorher die Werbeexperten die teuersten Leute im GEA Universum waren entstand die Idee, diese einzusparen und es selber zu versuchen.
Nun ist es so: Werbung ist ein Ärgernis in unserem Alltag. Wenn wir aber dennoch werben müssen, dann möchten wir – als Dank für die Beachtung – auch Brennstoff für Herz und Seele mitliefern. 1997 glückt Heini mit dem unglaublich kreativen Architekten Didi Koll das erste GEA-Album. Wir ahnten damals noch nicht, wie beflügelnd dieses Kommunikationsbündnis für beide Firmen werden würde.
Gottseidank. Schritt für Schritt überwinden wir die Krise. Die Umsätze wachsen. Wir sind froh, dass die Banken die '97er-Krise übersehen haben.
Die Bank kürzt den Rahmen. Völlig unverständlich. Unverständlich deshalb, weil wir im Jahr '99 ein vierzigprozentiges Umsatz-Wachstum vorweisen konnten und es zeichnete sich deutlich auch eine solide Gewinnfähigkeit ab, als wir zu einem Bankgespräch vorgeladen wurden. Wir wollten eine Begründung, warum denn unser Kreditrahmen gekürzt werden solle. Da machte sich der Herr Bankdirektor über uns lustig. Er sei uns keine Begründung schuldig. Das war der Startschuss zur Bankenunabhängigkeit. Denn ab diesem Augenblick gab es kein wichtigeres Ziel mehr, als von den Banken unabhängig zu werden. In unserer Phantasie hieß das Ziel schuldenfrei zu werden.
Im Jahr 2003 war es so weit: Wir waren fast schuldenfrei. Die ganz normalen Vermögenswerte eines normalen Unternehmens der Realwirtschaft steckten immer im Warenlager und im Firmengebäude. "Dank" der neuen Bankregularien galt ein Warenlager gar nichts mehr für die Besicherung eines Kredites, ein Betriebsgebäude in der Krisenregion Waldviertel fast gar nichts. Somit wurden die Banken zu Krisenverstärkern.
Mit normalem Hausverstand war es sonnenklar, dass unsere Warenlager und Gebäude wichtige Werte verkörperten. In diesen Werten sahen wir eine hohe Bonität. Auf dem Boden dieser Bonität fragten wir zuerst Freunde und Verwandte, ob sie nicht einen Teil ihrer Ersparnisse bei uns in der Firma einlegen möchten. Es ging los in kleinen Portionen.
kommen Leute vom Waldviertler Energie-Stammtisch und meinen, unser Dach sei ideal für eine Photovoltaik-Anlage und mit einem Bürgerbeteiligungssystem ließe sich auch das Finanzierungsproblem ziemlich sicher lösen. Gesagt, getan. 2003 ging’s los. Bisher haben sich mehr als 4.000 Menschen mit Sonnen-Gut-Scheinen an unserem Sonnen-Kraftwerk beteiligt.
Aus der Heller Zuckerlfabrik*, dem damaligen Standort der GEA Möbelwerkstatt, entsteht ein riesiges innerstädtisches Immobilienprojekt. Die Immobilienentwickler meinen, wir müssen weg. Wir hatten Glück. Denn elegante Immobilienentwickler zahlen eine Entschädigung. Mit diesem Betrag konnten wir mit der GEA Möbelwerkstatt in die halbdesolaten Räume der Waldviertler Schuhwerkstatt ziehen. Mit der Abschiedsentschädigung konnten wir wenigstens neue Fenster kaufen. Nach einigen Jahren wilder Ehe, aber guter und sympathischer Kooperation, vereinigen wir im Jahr 2007 Schuh- und Möbelwerkstatt zu den Waldviertler Werkstätten.
*Die Heller Zuckerlfabrik wurde gegen Ende der Monarchie von den Vorfahren von André Heller aufgebaut.
Der Posttarif für den Zeitungsversand war in Österreich hoch subventioniert. Diesen Tarif wollten wir für den Vertrieb von unserem GEA Album. Unser Argument war: Mehr als die Hälfte vom GEA Album sei ohnehin keine Werbung, sei Brennstoff für Herz und Seele. Der Postbeamte weigerte sich standhaft uns diesen günstigen Versandtarif zu gewähren. Irgendwann wurden wir zornig und fragten "Jetzt sagen sie uns doch, was wir genau erfüllen müssen um diesen Tarif zu bekommen!". Dann diktierte er dem Heini Staudinger das Blattkonzept für den Brennstoff. 1. der Firmenwortlaut dürfe nicht im Titel vorkommen. 2. Der redaktionelle Anteil müsse signifikant mehr sein als der Werbeteil... Daraus entstand unser Brennstoff, Brennstoff für Herz und Seele. Ein weiterer Untertitel: Aktuell ist nur das Bleibende... Es ist schon so, das, was wirklich Wert hat im Leben ist seit Jahrtausenden gleich.
Im Herbst 2008 erschütterte der Konkurs der Lehman Brothers die Grundfesten des kapitalistischen Systems. Wenige Wochen nach den Lehman Brothers ging auch die Firma Ergee in Konkurs (Ergee war bekannt durch hervorragende Qualität ihrer Strümpfe und Socken; gelbes Entchen im Logo). Dadurch wurde in unmittelbarer Nachbarschaft der Waldviertler Werkstätten eine 4.000 Quadratmeter große Halle frei. Diese Halle schien viel zu groß aber es war klar, dass wir sowas in der Nähe nie wieder bekommen würden. Wir erzählten in unserem Kundenmagazin Brennstoff von dieser einzigartigen Möglichkeit und luden die LeserInnen ein, via GEA Sparverein bei der Finanzierung mitzumachen. Im Nullkommanix waren 500.000 Euro da. Es meldeten sich dauernd weitere Interessenten, die bei dieser Finanzierung mitmachen wollten. Einem antworteten wir: "Danke für dein Interesse. Leider können wir dein Geld jetzt nicht brauchen." Darauf sagte er: "Das hat meine Bank noch nie zu mir gesagt".
Im Jahr 2009 wird die GEA Akademie initiiert. Diese startet mit einem Seminar mit dem Titel "Waldviertler selber machen". Die GEA Akademie ist gewachsen und veranstaltet nun Seminare in den Bereichen Handwerk & Kunst, Gesundheit, Musik und Wirtschaft.
Mit dem Geld unserer Sparvereins-Freunde konnten wir die Halle kaufen und hervorragend sanieren. Sie erfüllt alle unsere Wünsche. Mit dieser Halle sind wir von den Gebäuden her supergut gerüstet für die kommende rasante Entwicklung. Sie beherbergt das Schuhlager, den Versand, die GEA-Matratzenwerkstatt, unsere Prototypen-Tischlerei und das Möbellager. Mit der Photovoltaik-Anlage am Dach ist sie auch ein starkes Sonnenkraftwerk mit 70 kWp.
Im Jahr 2012 kommt ein Brief von der Finanzmarktaufsicht (FMA): „Illegale Bankgeschäfte“. Nein, nein, nein! Wir betreiben doch keine Bankgeschäfte. Alles, was wir »verbrochen« hatten, war, dass wir das Geld für die Entwicklung unserer Firma weitgehend von Freunden und nicht von der Bank geborgt hatten. Wir hatten kein Unrechtsbewusstsein und weigerten uns die Strafe zu zahlen.
Durch den Konflikt mit der FMA werden wir über Nacht berühmt. Der Fall Staudinger versus FMA beschäftigte monatelang die Medien. Aber Hand auf’s Herz: Auch die FMA kannte vor diesem Konflikt fast keine/r.
Der Chef der Finanzmarkaufsicht sagte im österreichischen Radio, die Methode von Heini Staudinger Geld einzusammeln sei besonders perfid, er nenne sein System Sparverein, damit missbrauche er das Wissen der Österreicher um die staatliche Spareinlagensicherung bis 100.000 Euro. Wenn das Geld dann doch verloren ginge, kämen die Leute zur FMA und beschwerten sich, sie hätte die Aufsichtspflicht nicht korrekt erfüllt.
Daraufhin baten wir unsere 200 GeldgeberInnen, sie mögen unterschreiben, dass sie 1. wüssten, dass sie kein Anrecht auf staatliche Einlagensicherung hätten, dass sie 2. die Bevormundung durch Staat und FMA nicht duldeten und dass sie 3. auf den Schutz durch die FMA verzichten würden. Daraufhin schrieb Heini einen Brief an den Chef der "Lieber Herr Magister Ettl, ich will sie ja nicht ärgern. Unser System muss ja gar nicht Sparverein heißen. Wir nennen es ab sofort Apfelbäumchen." Apfelbäumchen hergeleitet von Martin Luther: "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergingen, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen setzen".
Gründung der Formel Z – Z wie Zukunft. Die PilotInnen im GEA-Rennstall sind die Kinder unserer MitarbeiterInnen, Kinder aus der Region und die Kinder an deren Not wir nicht vorbeischauen können*. Die Gagen der Formel Z PilotInnen sollen ihrem Vorankommen im Leben dienen. Bis 11.000 Euro sind diese in Österreich steuerfrei. Steuerfrei! Wie Red Bull in der Formel 1 so setzen auch wir die Kosten der Formel Z als Marketing-Aufwand von der Steuer ab.
*»Man kann nicht allen helfen, sagt der Engherzige und hilft keinem.« (Marie von Ebner-Eschenbach).
Heute beschäftigen wir in den Waldviertler Werkstätten rund 170 MitarbeiterInnen. 2016 erzielten wir einen Jahresumsatz von knapp 19 Millionen Euro. Mehr als 70% unserer Produkte verkaufen wir über die 55 GEA-Läden in Österreich (35), Deutschland (19) und in der Schweiz(1).
Von diesen 55 GEA-Läden betreiben wir 31 selber, 23 werden von selbstständigen Partnern betrieben. Außerdem vertreiben mehr als 150 Schuhhändler in Österreich und Deutschland unsere Waldviertler-Schuhe.
Gelebt wird immer nur JETZT. Entscheidend ist der Augenblick. Im JETZT lebt das Leben. Jedes noch so große Reiseziel braucht den ersten Schritt und auch all die nächsten Schritte immer nur im JETZT. Hermann Hesse sagt’s so schön:
Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!